|
Horripilation (Appropriation), 2001
Site specific work for the apsis of a Christian Church, implementing a re-photographed picture from Bataille's book Tears of Eros.
The photograph taken 1905 in China displays the execution of a prince-murderer by the Torture of the 100 Parts, killing the delinquent by slowly dismembering his body.
The picture was appropriated in turn by Bataille from a 1923 medical book where the it was used as an example for the phenomenon of Horripilation. Bataille's fascination with the picture derived from the victim's face seemingly showing a state of entrancement.
A story of Appropriation: a historical picture embedded in a multitude of psychological setups and purposes, a photography of suffering and exstasy paralleling and challenging the basic symbolism of Christian religion.
English version coming soon!
Die Photographie einer Hinrichtungsszene im China der Jahrhundertwende als „Kontemplationsbild“ in einer weissen Apsis. Das Motiv der Arbeit stammt aus Georges Batailles Buch „Tränen des Eros“. Bataille selbst erhielt die Abbildung 1925 von Dr. Borel, einem der ersten französischen Psychoanalytiker. Dieser entnahm es einer medizinisch-wissenschaftlichen Abhandlung, in welcher der Autor das von ihm in China gefundene Bild als Beispiel der „Horripilation“ verwendet[1]. Horripilation bezeichnet ein Phänomen, bei dem die Haare gleichsam „zu Berge stehen“. In diesem Fall dem Opfer der Hinrichtungsszene, einem Prinzenmörder in China am 10. April 1905. Für schwerste Verbrechen war die Tortur der 100 Teile vorgesehen, bei welcher dem Delinquenten, der durch Opium bei Bewußtsein gehalten wird, nach und nach die Gliedmaßen abgeschnitten werden. Bataille beschreibt dieses Bild als das eindrücklichste, das er je gesehen hat. Vor allem jedoch, weil der Gesichtsausdruck des Hinzurichtenden daraufhin deutet, daß er sich in einem ganz besonderen Stadium der Transzendenz befindet. Bataille beschreibt es gar als einen „Zustand der Verzückung“, etwas, das so intim ist, daß es selbst in der Betrachtung nur in absoluter Einsamkeit wirklich zugänglich ist. Der paradigmatische Raum hier für diese Arbeit: die weiße Altarapsis einer leeren Kirche, der Trinitatiskirche in Köln. Zerbombt im zweiten Weltkrieg und anschließend wieder aufgebaut, ist diese Kirche ein von aller christlicher Ikonographie befreites weißes Gebäude. Ein Kirchenraum ohne Bilder, aber mit klarer Kircheninnenarchitektur (Altar, Predigtkanzel, Chor, Empore etc.). Und somit immer noch aufgeladen mit einem religiösen Programm, mit christlicher Symbolik, insbesonders die leere Altarapsis, in deren Mitte sonst als Skulptur oder Bildnis der Gekreuzigte hängt. Das Bild spiegelt somit auch eine Geschichte der Vereinnahmung, seiner Appropriation: Ein Arzt entdeckte die Fotografie und verwendete sie als Beispiel der „Horripilation“ in seiner medizinischen Abhandlung. Aus dieser wiederum erhielt Bataille sie und benutzte sie in seinem Buch als Exemplifikation für den Zustand der Verzückung. Auf diesen historisch-psychologischen Zusammenhängen aufbauend und gleichzeitig „kontextuell gereinigt“, findet das Bild nun die pure Verwendung als Tafelbild der Kontemplation bzw. als „Altarbild“.
Ansicht Horripilation (Appropriation) Trinitatiskirche Köln, Juli 2001.
[1] - Georges Dumas „Noveau Traité de Psychologie“, Paris 1923
- Louis Carpeaux, “Pékin qui s'en va” (1913)
|
|
|